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Shownotes
Ich spreche mit Stefan Hannen über niedrigschwellige Suizidprävention und Beratung für Betroffene und Angehörige, wie wichtig die ehrenamtliche Mitarbeit für das AKL ist, wie der Arbeitskreis Leben Freiburg e.V. finanziert wird, über seinen Werdegang über die U25 Mailberatung zum AKL, was eine Pizza mit Kommunikation zu tun hat und natürlich über seine drei Weisheiten.
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Die letzten 10 Folgen:
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– Folge 57 – Carsten Witte – Psychoonkologe (DKG) und Vorstand Jung und Krebs e.V.
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Transkription – Vorstellung:
(mittels KI leserlich formuliert)
Hallo Stefan, schön, dass du in meinem Podcast dabei bist.
Ja, hallo Stefan, schön, dass ich dabei sein kann.
Mein Podcast beginnt eigentlich immer gleich: Zuerst geht es um den Gast. Deshalb würde ich dich bitten, dich kurz vorzustellen. Wer bist du und was machst du?
Ja, mein Name ist Stefan Hannen, ich bin 45 Jahre alt, und ich arbeite beim Arbeitskreis Leben in Freiburg.
Magst du genauer erklären, was das ist?
Der AKL, also der Arbeitskreis Leben in Freiburg, ist eine Beratungsstelle für Menschen in Lebenskrisen, mit dem Schwerpunkt auf Suizidprävention und allem, was mit dem Thema Suizid zusammenhängt. Zu uns kommen Betroffene, Angehörige sowie Hinterbliebene. In letzter Zeit kommen auch vermehrt Menschen aus der freien Wirtschaft, wie beispielsweise Firmenorganisationen, die entweder eine Fortbildung zu diesem Thema möchten oder tatsächlich akute Unterstützung benötigen.
Also, das heißt, ihr sprecht dann mit den Betroffenen oder macht Workshops für sie? Wie genau sieht dein Arbeitsalltag aus?
Also bei Betroffenen ist es in der Regel so, dass sie sich telefonisch oder per E-Mail bei uns melden. Ganz selten kommt es auch mal vor, dass jemand plötzlich persönlich vor der Tür steht. Wenn es sich um Betroffene handelt, versuchen wir, sie zu einem persönlichen Erstgespräch im AKL in Freiburg einzuladen.
Und wie läuft das dann ab, sprecht ihr einfach über das Thema, oder wie muss man sich das vorstellen?
Also, wie gesagt, der Arbeitskreis Leben ist die Institution, aber was genau passiert hier? Ich muss vielleicht ein wenig ausholen: Es gibt mehrere Arbeitskreise Leben in Baden-Württemberg, und das ist in Deutschland etwas Einzigartiges, dass es diesen Zusammenschluss zur Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeitskreise Leben gibt. Wir alle haben es uns zur Aufgabe gemacht, Menschen zu begleiten, die sich in einer Lebenskrise befinden, sich mit diesem Thema auseinandersetzen und manchmal auch in akuten Situationen stecken. Manchmal sind es auch eher latente Phasen, die wir versuchen zu erkennen und zu benennen. Ich vergleiche das gerne mit einem Zahnarztbesuch: Stell dir vor, du gehst zum Zahnarzt, und er spricht nicht über deine Zähne. Da würde man zwar sagen, es war der angenehmste Zahnarztbesuch, den man je hatte, aber der Zahnarzt hätte dann wohl seinen Beruf verfehlt. Bei uns ist es ein ähnliches Prinzip: Wenn jemand zu uns kommt, fragen wir gezielt nach. Wir öffnen sozusagen eine Art „Büchse“ oder, metaphorisch gesprochen, eine neue Zimmertür in einer Wohnung. Gemeinsam schauen wir dann hinein: Wie dunkel ist es dort, wie sieht es aus, was steht darin? Gibt es ein Regal, einen Schreibtisch, vielleicht eine Kerze? Gemeinsam arbeiten wir das aus, immer in dem Tempo, das für die Person gerade passend ist. Das Spannende ist, dass es nicht nur Betroffene sind, die zu uns kommen, sondern auch oft Angehörige. Sie stehen manchmal unter Druck, wenn jemand in ihrem Umfeld etwas wie „Dann kann ich mir ja gleich das Leben nehmen“ gesagt hat. Solche Äußerungen hört man leider häufiger in der Gesellschaft. Unsere Aufgabe ist es dann, eine Art Einschätzung zu machen, nicht unbedingt von Gefahr, aber wie man wieder Zugang zu der Person findet, die möglicherweise gerade sehr geradlinig denkt, sich vielleicht hilflos oder hoffnungslos fühlt.
Und dann begleitet ihr diese Menschen.
Genau, sie kommen hierher und werden von uns Hauptamtlichen betreut. Der AKL ist eine niedrigschwellige Suizidpräventionsberatungsstelle, was ein wichtiger Unterschied zu hochschwelligen Einrichtungen ist. Ich betone das oft, besonders in Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern: Überall dort, wo man eine Krankenkassenkarte vorlegen muss, muss man auch viele persönliche Informationen preisgeben. Beim AKL hingegen kann man sich komplett anonym beraten lassen. Das macht uns zu einer niedrigschwelligen Suizidpräventionsstelle. Wir sind quasi die erste Anlaufstelle, bevor es dann möglicherweise zu konkreteren Maßnahmen geht.
Und seid ihr eine staatliche Einrichtung oder wie läuft das mit der Finanzierung ab?
Nein, wir sind ein eigenständiger Verein. Den AKL gibt es in Freiburg schon seit über 40 Jahren, und dank meines Vorgängers ist er hier sehr gut etabliert, auch in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft. Der Verein wird von einer Trägerschaft unterstützt, die uns sehr wohlwollend gegenübersteht. Man merkt auch, dass der Stadt Freiburg viel daran liegt, dass es uns gibt, was sich auch in der Finanzierung widerspiegelt. Der AKL wird zu zwei Dritteln durch kommunale, Landes- oder Bundesmittel finanziert. Den restlichen Betrag müssen wir durch Spenden aufbringen, was für uns jedes Jahr eine kleine Herausforderung darstellt. Bisher schaffen wir das, und wir versuchen, auch in Zukunft gut darauf vorbereitet zu sein. Mit diesen Mitteln finanzieren wir 3,0 Vollzeitstellen für Hauptamtliche und bilden darüber hinaus ehrenamtliche Helfer aus, die in diesem Bereich tätig sein möchten. Es ist eine sehr bewusste Entscheidung, sich mit Menschen in Krisen auseinanderzusetzen, insbesondere mit dem Thema Suizid. Die Ehrenamtlichen bei uns durchlaufen eine etwa sechsmonatige Ausbildung, nach der sie als Krisenbegleiter tätig werden. Oftmals schätzen wir im Erstkontaktgespräch ein, was die Person benötigt. Häufig sind die Betroffenen bereits therapeutisch versorgt, und in solchen Fällen ist es manchmal hilfreich, wenn jemand aus dem ehrenamtlichen Kontext dazukommt, der vielleicht einfach mal fragt, wie der Tag war oder wie es auf der Arbeit lief. Das bringt eine ganz andere Facette ins Gespräch und ermöglicht eine andere Art der Begegnung. Ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist es, den Mut zu fördern, über diese Themen zu sprechen, was oft eine fürsorgliche Komponente hat und dazu führt, dass Beziehungen entstehen. Menschen in suizidalen Krisen fühlen sich oft beziehungslos, und wir bieten ihnen die Möglichkeit, wieder in Beziehung zu treten. Das ist der besondere „Zauber“ unserer Arbeit.
Das heißt, wenn man betroffen ist, kann man einfach über eure Webseite den AKL Freiburg googeln, sich dort anonym melden und bekommt dann eine Trauerbegleiterin oder einen Trauerbegleiter zugewiesen.
Achtung, du hast jetzt Trauerbegleiter gesagt. Trauer betrifft eher die Zeit nach einem Verlust. Bei uns geht es aber auch um die Begleitung in Krisen. Allerdings haben wir auch Krisenbegleiter, die bereits solche Erfahrungen gemacht haben und mittlerweile in der Lage sind, andere Menschen in ähnlichen Situationen zu begleiten. Solche Ehrenamtlichen sind für uns besonders wertvoll, wie alle unsere Ehrenamtlichen, denn sie bringen ihre individuellen Charaktere und Erfahrungen ein. Unsere Philosophie beim AKL ist es, eine Akzeptanz für das Thema Suizid aufzubauen. Wir verurteilen niemanden für seine Gedanken und versuchen, Zwangsmaßnahmen wie das Rufen eines Krankenwagens möglichst zu vermeiden. Das machen wir nur in absoluten Notfällen und in Absprache mit der betroffenen Person. Unser Ziel ist es, auf einer Beziehungsebene zu arbeiten, gemeinsam zu sagen „Wir schaffen das“ und vielleicht durch einen Perspektivwechsel einen neuen Weg zu finden.
Und wie bist du zu diesem Beruf gekommen?
Das ist eine gute Frage. Früher war ich bei „U25“ tätig, einem Mailberatungssystem, bei dem wir Jugendliche ausbilden, um andere Jugendliche im Alter von 16 bis maximal 25 Jahren zu beraten – daher auch der Name „U25“. Dieses Projekt war früher auf Bundesebene beim Deutschen Caritasverband angesiedelt, und ich war dort involviert. Bestimmte Dynamiken und Projekte liefen damals über meinen Schreibtisch, und ich hatte engen Kontakt zum Bundeskoordinator, der in meinem Büro gegenüber saß. So kam ich zum ersten Mal mit diesem Bereich in Berührung. Im Laufe der Jahre habe ich dann gemerkt, dass ich selbst vielleicht auch Erfahrungen gemacht habe, die in diese Richtung gehen. Man denkt zurück an Situationen, zum Beispiel in der Schulzeit, als plötzlich jemand nicht mehr da war. Diese Gedanken haben sich bei mir festgesetzt. Als dann die Stelle hier ausgeschrieben wurde, habe ich zunächst überlegt, ob ich dafür überhaupt geeignet bin. Ich hatte das große Glück, die Stelle antreten zu dürfen, und habe schnell gemerkt, wie dieses Thema in mir immer mehr Raum einnimmt. Es ist ein ständiger Entwicklungsprozess, den ich oft als persönlichen Transformationsprozess bezeichne. Ich denke, das erlebt jeder in seinem Job, aber bei uns ist es besonders intensiv, zumindest empfinde ich es so, weil es oft auch den eigenen biografischen Kontext berührt.
Du hast gerade die Lebenserfahrung und die Erfahrung hier angesprochen, und genau darum geht es auch in diesem Podcast. Bevor wir zu deiner ersten Weisheit kommen, noch eine kurze Frage: Wenn man euch unterstützen möchte, kann man das einfach über eure Webseite tun? Gibt es dort einen Spendenbutton?
Ganz ehrlich, am liebsten ist es mir, wenn Menschen anrufen oder uns persönlich ansprechen. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, über unsere Homepage zu spenden, was etwas anonymer ist. Dort ist alles genau beschrieben, und wir freuen uns über jede Spende, unabhängig vom Betrag und Anlass. Es dürfen gerne auch freudige Anlässe sein – es muss nicht immer ein trauriger Anlass sein. Vielen Dank!
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Wenn Du mehr über Stefan Hannen und seine drei Weisheiten wissen möchtest, dann höre jetzt den Podcast.
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